Inspektion von Rotorblättern mit Drohne und 3D-Software

Außeninspetion von WEA
mit InspektoKopter-Drohne
FOTO: Netzwerk „InDiWa“
Der Flügel im Visier - Bei Service und Wartung von Rotorblättern suchen Unternehmen Alternativen zum Abseilen.
Rotorblätter gehören zu den am meisten belasteten Komponenten von Windenergieanlagen: Mehr als 100 Millionen Last-zyklen müssen sie über ihre Lebensdauer von 20 Jahren ertragen, Turbulenzen oder Blitze machen ihnen zu schaffen. Schäden sind daher nicht ungewöhnlich – beispielsweise Haarrisse oder Oberflächendeformierungen, die dazu führen können, dass das Blatt im schlimmsten Fall reißt. Alle zwei bis vier Jahre ist daher im Rahmen der wiederkehrenden Prüfungen auch die Inspektion der Rotorblätter vorgesehen. … Eine aufwendige Angelegenheit, denn die Servicetechniker müssen sich von der Nabe am Rotorblatt abseilen und Stück für Stück das Blatt inspizieren. Vier bis fünf Stunden dauert eine solche Inspektion pro Anlage, Zeit, in der kein Strom produziert werden kann. Die Kosten belaufen sich auf bis zu 1.500 Euro.
Drohne statt Mensch
Und die Branche steht unter Kostendruck. Je geringer die Vergütungen für neue Parks, desto effektiver muss auch der Service werden. Dazu kommt der Arbeitsschutz. … Daher gibt es neue Methoden, um die Inspektion von Rotorblättern sicherer und kosten-günstiger zu machen … Bis zu 200 Meter hoch steigt das Fluggerät, die Bilder werden direkt auf einen Rechner am Boden übertragen. Die Fotos werden anschließend von Experten ausgewertet, um Schäden einzuschätzen und eine mögliche Reparatur zu beauftragen.
Virtuelle Inspektion am PC
Einen Schritt weiter geht das Projekt Inspektokopter, entwickelt im überregionalen Netzwerk InDiWa –Inspektion, Diagnostik, Wartung unter Federführung des Zentrums für Produkt-, Verfahrens- und Prozessinnovation (ZPVP) in der Experimentellen Fabrik. Der Inspektokopter, von dem es bislang einen Prototyp gibt, fliegt das Blatt in einer automatisierten Flugbahn innerhalb von 10 bis 15 Minuten ab. Zwei Kameras, eine Stereo- und eine RGB-Kamera, kommen zum Einsatz. Die Positionsbestimmung erfolgt über GPS und eine inertiale Messeinheit (IMU), eine räumliche Kombination mehrerer Inertialsensoren. Wieder am Boden wertet eine im Indiwa entwickelte Software die Bilder aus und modelliert aus den Einzelbildern eine Komplettansicht. „So ermöglichen wir eine virtuelle Inspektion am PC“, erklärt Sigrid Salzer, Netzwerkmanagerin beim ZPVP. Der Servicetechniker kann Markierungen setzen, Kommentare einfügen und die Historie vergleichen: Wie entwickeln sich Schäden am Blatt, wann muss gehandelt werden? „Derzeit arbeiten wir daran, den Prototyp zum Produkt weiterzuentwickeln, erste Kundengespräche laufen“, sagt Sigrid Salzer.
Neue Verfahren für die Inneninspektion
Und was ist innen? Schließlich können Drohnen nicht in die Blätter hineinfliegen. Auch hier ist die Inspektion gefährlich, zum Teil sogar unmöglich. „Derzeit kriecht ein Techniker im Schutzanzug und wegen der Materialausdünstungen mit Atemschutz in das Blatt hinein. Aus Sicherheitsgründen darf manuell nur das erste Drittel begutachtet werden, um den Techniker retten zu können, sollte einmal etwas passieren. Der Rest des Blatts ist bisher nicht zugänglich, was ein erhebliches Restrisiko bedeutet“,
beschreibt Sigrid Salzer vom Forschungsnetzwerk InDiWa. Die Branche arbeitet auch an dieser Herausforderung: … Auch das Netzwerk InDiWa entwickelt bei der Inneninspektion eine neue Methode: Das modulare System Rotoscan soll zur Qualitätssicherung bei der Fertigung, aber auch in der Inspektion zum Einsatz kommen. Teil des Systems ist ein fahrbarer Roboter, der mit einer hochauflösenden Kamera das Rotorblatt innen abfährt und fotografiert. „Das Rotorblatt muss dabei waagerecht auf Drei- oder Neun-Uhr-Position stehen“, erklärt Sigrid Salzer. Das Fahrzeug kann automatisch fahren oder vom Techniker gesteuert werden. „Das meiste Know-how steckt in der Entwicklung des Fahrzeugs, das an die unterschiedlichen Geometrien der drei Kammern des Blatts angepasst sein muss, um diese von der Wurzel bis in die Blattspitze durchfahren zu können“, so Salzer. Zudem wird an ultraschall- und thermographiebasierten Inspektionsverfahren geforscht. Sie sieht in den neuen Methoden einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Prozess- und Arbeitssicherheit: „Wir geben den Inspekteuren neue Hilfsmittel an die Hand, um den Service kostengünstiger und sicherer zu machen.“
Auszug aus Erneuerbare Energien 05/2016 - Windenergie, KATHARINA WOLF
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